Die größte Motivation sind die leuchtenden Augen

Weinheimer Nachrichten vom 27.05.2009

Die größte Motivation sind die leuchtenden Augen

Oberflockenbach: 

Die Kooperation zwischen dem Sängerbund Oberflockenbach und der Theodor Heuss Grundschule in Oberflockenbach besteht nun schon seit vielen Jahren und hatte im April wieder einen Höhepunkt in der gemeinsamen Aufführung des Musicals „Leben im All“ in der Stadthalle in Weinheim. Immer wieder hört man aus der Chorszene, dass es an Nachwuchs fehle und kaum junge Sängerinnen und Sänger für eine aktive und regelmäßige Chorteilnahme zu begeistern seien. Durch die intensive Kooperation zwischen Schule und Verein ist es dem Sängerbund Oberflockenbach jedoch gelungen, alleine durch das letzte Musical 10 neue, junge Sängerinnen und Sänger zu gewinnen. Um das Rezept ihres Erfolges näher zu hinterfragen, unterhielt sich Cornelia Schmitt mit dem Chorleiter des Sängerbundes Oberflockenbach Hans Joachim Karl und dessen ersten Vorsitzenden Klaus Dennenmoser. 

 

1.) Es gab nun schon 3 große Musicalprojekte in Kooperation von Schule und Verein. Woher nehmen Sie die Motivation? Dennenmoser: „Die größte Motivation kommt von den Kindern, wenn man sie auf der Bühne sieht. Wenn man die leuchtenden Augen bei der Vorstellung der einzelnen Akteure sieht, ist jeglicher Arbeits- und Zeitaufwand vergessen. Ich denke, dass wir hier den Kindern viel Stärke für ihren weiteren Lebensweg mitgeben können.“ Karl: „Wir alle, die wir in der Chorszene aktiv wirken, sind mehr oder weniger immer am jammern, was den Nachwuchs unserer Chöre anbelangt (das konnte man ja auch vor einiger Zeit bei einem Interview über den Chor in Leutershausen lesen). Schnell ist dabei der angeblich Schuldige ausgemacht – die Schule! Dort wird nicht mehr gesungen oder es gibt nicht genügend Schulchorleiter/innen. Das ist meine Motivation, die Schule unterstützen, jungen Menschen den Zugang zum Singen ermöglichen und durch die gemeinsamen Projekte positive Erlebnisse mit den Erwachsenenchören schaffen. Durch die Unterstützung des Sängerbundes kann die Theodor Heuss Schule jede Woche Chor im Stundenplan anbieten.

 

 2.) Wie entstand die Idee zur Kooperation? Dennenmoser: Die Grundidee zur Kooperation Schule und Verein wurde und wird vom Land Baden Württemberg gefördert. Der damalige Vorsitzende Klaus Keller und unser Chorleiter Hans Joachim Karl waren sofort begeistert und haben die Kooperation nach vorne getrieben. Der Sängerbund trägt die Kosten für die Chorleiterin des Schulchores Sabine Endrich, damit Chorunterricht in der Schule gewährleistet ist. Auch seitens der Schulleitung und Lehrerschaft wird die Kooperation von Anfang an mitgelebt. Karl: Ja, nachdem der Badische Sängerbund und das Kultusministerium Baden Württemberg diese Idee geboren hatten, hat der SB sofort den Kontakt zur Schule gesucht. Die THS in Oberflockenbach mit Ihrem Schuleiter, Herr Kaufmann, hat sich dann sofort hinter diese Idee gestellt. Das war der Beginn einer wunderbaren Partnerschaft. 

 

3.) Man hört hin und wieder die Meinung, dass solche Kooperationen nicht viel bringen, da vor allem die Jugendlichen nicht beständig dableiben. Wie sehen Ihre Erfahrungen aus? Dennenmoser: Nur wer Geduld hat, kann auch Erfolge aus der Kooperation ziehen. Bereits nach dem ersten Musical konnten wir aus den Reihen der Elternschaft neue Aktive Mitglieder für die Chöre gewinnen. Beim nächsten Musical sind ebenfalls neue Sängerinnen und Sänger aus der Elternschaft in den Chor eingetreten und nehmen sehr aktiv am Vereinsleben teil. Überwältigend für uns war das letzte Musical „Leben im All“. Beim Projektchor von 45 Personen (Elternschaft, ehemalige Grundschüler und Sängerinnen und Sänger vom SBO) waren ca. 16 Ehemalige Schülerinnen und Schüler zwischen 13 und 16 Jahren, die alle bei den ersten zwei Musical mitgewirkt haben, dabei. Hier konnten wir für den Frauenchor 4 neue Sängerinnen und für den Männerchor 6neue Sänger gewinnen, die seither eifrig die Proben besuchen. Das Wichtigste ist jedoch, dass wir viele Menschen für die Sache „Singen“ gewinnen können. Karl: Das ist so eine Sache mit den Zahlen, klar hat es bei uns super funktioniert. Aber das war und ist eigentlich nicht unser primäres Bestreben. Erstes Ziel ist und bleibt es zum einen den Kindern durch das schulische Angebot „Kinderchor“ die Chance zu geben, zu erleben wie schön singen ist und zum anderen durch die gemeinsamen Projekte den Sängerbund zu öffnen und den Menschen zu zeigen, dass wir unsere kulturelle Aufgaben „Singen im Chor“ sehr ernst nehmen. Die Kooperation bringt so für beide Partner sehr viel. Denn auf der anderen Seite erlebt man wie großartig sich alle mitwirkenden Kinder während des Projektes entwickeln. Vor 600 Zuschauern auf der Stadthallenbühne zu stehen, gibt den Kindern Selbstvertrauen und Mut. Natürlich – und das ist meines Erachtens nicht selbstverständlich und erwähnt deshalb hier nochmals gesonderte Erwähnung- lebt die Kooperation auch von der phantastischen Unterstützung der Schulleitung, des Kollegiums und außerschulischer Kräfte wie unserem Regisseur oder den Bandmitgliedern, um nur einige zu nennen. Wir dürfen hier aus einem Pool absoluter Könner schöpfen, die sich immer wieder gerne in den Dienst dieser schönen Sache stellen. 

 

4.) Herr Karl, wie müssen Chorproben gestaltet sein, um mehreren Generationen gerecht zu werden? Grundsätzlich, das ist meine Philosophie, muss in einem heterogenen Chor wie dem SB in Oberflockenbach die Chorarbeit und das Repertoire sehr vielfältig sein. Wir beherbergen Sängerinnen und Sänger von 13 bis 82 Jahren in einer Gruppe. Das ist einerseits sehr reizvoll und gibt jeder Altersgruppe die Möglichkeit von den anderen zu lernen (die älteren bleiben jung und die jungen können von der Erfahrung der älteren profitieren.). Andererseits setzt das auch die Kompromissbereitschaft und das Verständnis für die Literatur, die von den anderen gerne gesungen wird voraus. Und obwohl wir kein „junger Chor“ oder Gospel/Popchor sind, gehört auch diese Literatur zu unserem Repertoire. Und gerade deshalb gehört aber auch klassische und vor allem zeitgenössische Chormusik für mich zur Chorprobe, um unseren Chormitgliedern die Möglichkeit zu geben, alle Formen von Chormusik zu erleben. 

 

5.) Herr Dennenmoser, was unternimmt Ihr Verein, um sowohl junge Sänger als auch Ältere für sich zu begeistern? Die Integration aller Altersgruppen ist die wichtigste Aufgabe des Vereins. Wo haben die Menschen sonst die Möglichkeit in einer Altersbreite von 13 bis 82 Jahren ein gemeinsames Hobby auszuüben! Anspruchsvolle Chormusik, Internationale Auftritte wie unsere Chorreise nach Riga im letzten Jahr, Nationale und Internationale Chorwettbewerbe sowie Auftritte im Ort und in der Umgebung begeistern unsere Sängerinnen und Sänger immer wieder aufs Neue. Sehr gute Chorarbeit spricht für unseren Chorleiter und so haben wir es leicht, alle für die Sache Gesang zu begeistern. 

 

6.) Haben Sie aus der Bevölkerung ein Feedback auf die Kooperation bekommen? Dennenmoser: Man kann sagen, dass die Einwohner von Oberflockenbach stolz auf die Kooperation zwischen der Grundschule und dem Sängerbund sind. Dies zeigt sich auch im Besuch der Musicalveranstaltungen. Konnten wir doch im Durchschnitt ca. 600 Besucher pro Musical begrüßen. 

 

7.) Sind weitere Projekte geplant? „Nach dem Musical ist vor dem Musical“. Dieses abgewandelte Sprichwort ist unser Motto. Wir sind bereits auf der Suche nach einem neuen Musical. Durch Internationale Kontakte unseres Chorleiters versuchen wir einen Komponisten zu finden, der für unsere Kooperation ein Musical schreibt. Unser Ziel ist eine Aufführung im Jahr 2011 / 2012.